Das Schriftzeichen „Xin“ hat viele verschiedene Bedeutungsebenen. Es wird mit Herz, aber auch Sinn, Gefühl oder innerer Mitte übersetzt. Auch in unserer Sprache gibt es den Anklang von innerem Zentrum wenn wir z.B. von Artischockenherz sprechen oder sagen, jemand ist das Herz einer Gruppe oder hat das Herz einer Lehre verstanden. Und wenn wir nicht mit dem Herzen bei einer Sache sind, finden wir keinen wirklichen Zugang. Aus der Tiefe unseres Herzens, also aus der Mitte des inneren Zentrums heraus, haben wir ein Wissen, das wir oft nicht in Worte fassen können und Ahnungen nennen.
Da nach altchinesischer Vorstellung der Geist (Bewusstsein) im Herzen wohnt, ist die Ruhe des Herzens für unseren geistigen Zustand wichtig. So wie der „Kleine Prinz“ sagen kann, dass man nur mit dem Herzen gut sieht, sagt man im Daoismus, dass wir mit dem Herzen denken. Dies ist ein inneres Gewahrsein, in dem auch immer unsere Sinne und Gefühle angesprochen sind.
Das Herz lässt sich durch Wünsche, Vergleiche, Sorgen und Ängste schnell aus der Ruhe bringen und sehnt sich doch so sehr nach Frieden und Geistesklarheit.
In allen Qigong Übungen, besonders aber in den inneren, meditativen Übungen, besteht der Beginn der Praxis darin, das Herz zur Ruhe kommen zu lassen. Dies geschieht oft durch eine, das Alltagsbewusstsein übersteigende Vorstellung, wie in einem Meer von Energie zu stehen oder uns über die sprudelnden Quellen mit der Erde und über Baihui mit dem Himmel zu verbinden.
Da unser inneres Herz eine Erinnerung, ein Wissen um die Verbundenheit aller Wesen bewahrt hat, fühlt sich die Ruhe des Herzens, die sich wie von alleine einstellt, wenn wir uns dem Nicht-Getrenntsein von Himmel und Erde wieder öffnen können, an wie ein nach Hause kommen. Dadurch kommen wir wieder in unsere wahre Mitte
Dieses „Nach-Hause-kommen“ ist die Grundlage unseres Übungsweges und gerade nach einer längeren Übungspause können wir dies bewusster wahrnehmen.